Der Customer Experience (CX) Score

Wie steht es um die funktionale Readiness digitaler Markenauftritte?

Der CX-Score

Eine gute Customer Experience ist der Schlüssel für die Gewinnung relevanter Kundendaten. Der eigene Markenauftritt spielt dabei eine zentrale Rolle (vgl. Kap. 2.3.2 des Praxisleitfadens Customer Centricity), denn nur hier hat das Unternehmen die Möglichkeit die Daten selbst und vor allem personalisiert zu erheben. Vereinfacht haben wir diesen Zusammenhang im Customer Centricity Kreislauf veranschaulicht.

Customer Centricity Kreislauf Nenninger/Seidel

Doch inwieweit haben Unternehmen heute schon die funktionalen Voraussetzungen dafür geschaffen?

Diese Frage hat uns schon sehr früh beim während der Entstehung des Praxisleitfadens Customer Centricity beschäftigt. Um Antworten darauf zu erhalten, haben wir den Customer Experience (CX) Score entwickelt.

Der von uns entwickelte Score zeigt den funktionalen Status der Customer Experience eines digitalen Touchpoints z.B. der Webseite. Er berücksichtigt die Erlebnisse und die interaktiven Angebote die dazu beitragen relevante und personalisierte Kundendaten zu erhalten.

Wir haben über die Analyse von mehr als 350 Top-Marken einen CX-Score entwickelt, der in den Feldern PASSIVE CX, AKTIVE CX und POINT OF SALE analysiert, in wie weit Marken die digitalen Voraussetzungen für eine gute Customer Experience geschaffen haben, unter dem Aspekt der Datengenerierung. Die Analyse berücksichtigt dabei im Kern die Sichtweise und Erwartung des Konsumenten und weniger die Unternehmenssicht auf die CX.

Einblick in die Methodik

Eines vorweg: Es handelt sich hier um eine rein funktionale Analyse-Methode, eine qualitative Bewertung wird im Rahmen des CX-Scores nicht vorgenommen, da ein objektiver Vergleich einzelner Marken und Branchen so nur schwer möglich ist. Eine transparente und nachvollziehbare Auswertung ist uns jedoch ein Anliegen. Die Analyse berücksichtig also nur, ob eine Funktion vorhanden ist oder nicht und liefert noch keine Aussage darüber, ob die Umsetzung aus Kundensicht gelungen ist oder nicht. Ziel des Scores ist es vor allem aufzuzeigen, ob die funktionalen Voraussetzungen bereits geschaffen wurden und in welchen Bereichen es noch Lücken gibt.

Der Score setzt sich aus der Analyse der drei Säulen PASSIVE CX, AKTIVE CX und POINT OF SALE zusammen, die im Folgenden näher erläutert werden.

Passive Customer Experience

Photo by Liza Summer on Pexels.com

Diese Säule beschreibt die überwiegend redaktionell gestaltete Kommunikation des Markenauftritts.

In der Regel konsumiert der Kunde die Angebote nur, das heißt, die Interaktion beschränkt sich auf die Navigation, den Filter und die Nutzung von Customer Care und Support angeboten.

Dabei wird für unten stehende Bereiche erfasst, ob das Unternehmen ein entsprechendes Angebot bereitstellt

  • Gibt es ein Magazin, einen Blog oder einen Newsbereich?
  • Wird ein Newsletter angeboten?
  • Werden Referenzen dargestellt?
  • Werden dem Kunden personalisierte Produktempfehlungen oder Informationen unterbreitet?
  • Gibt es Customer Care und Support-Angebote?
  • Werde Vorteile wie ein Kundenclub oder Bonusprogramm angeboten?
  • Gibt es spezielle Beratungsangebote, um dem Kunden die Kaufentscheidung zu erleichtern?
  • Wird das Informationsangebot um Media-Inhalte wie Videos oder Podcasts angereichert?
  • Werden Funktionen zur Kaufunterstützung wie Produktvergleiche, Rechner oder Komptabilitätsprüfung zur Verfügung gestellt?
  • Gibt es einen Login-Bereich für Kunden wie „Mein XY“

Aktive Customer Experience

Photo by Andrea Piacquadio on Pexels.com

In diesem Feld werden die Funktionalitäten, mit denen der Kunde die Customer Experience selbst aktiv mitgestalten kann, analysiert.

Die findet hier überwiegend direkt von Kunde zum Unternehmen oder direkt von Kunde zu Kunde statt.

Folgende Fragen werden bei der Analyse der aktiven Customer Experience beantwortet.

  • Hat der Kunde die Möglichkeit, sein Profil auf dem Markenauftritt zu personalisieren z.B. in dem er Interessen hinterlegt?
  • Gibt es eine Chat-Funktion direkt persönlich oder über einen Chat-Bot?
  • Hat der Kunde die Möglichkeit direkt Feedback zum Unternehmen bzw. zu Produkten zu geben wie z.B. durch eine NPS-Befragung?
  • Bietet die Seite User Generated Content Formate wie z.B. Fragen und Antworten?
  • Kann der Kunde Produktbewertungen oder Erfahrungsberichte auf der Seite veröffentlichen?
  • Bietet das Unternehmen Aktionen für den Kunden wie Wettbewerbe oder die Teilnahme an Gewinnspielen?
  • Kann der Kunde z.B. über Social-Sharing aktiv den Markenauftritt bzw. die Inhalte weiterempfehlen oder gibt es ein Freunde-werben-Freunde-Programm
  • Gibt es die Möglichkeit einer direkten Kontaktaufnahme z.B. telefonisch oder per E-Mail.
  • Werden Bedürfnisdaten z.B. über einen Merkzettel erfasst?

Point of Sale

Photo by Karolina Grabowska on Pexels.com

Diese Säule des CX-Scores berücksichtig, inwieweit der Markenauftritt direkt zu einen Kaufabschluss beiträgt. Ebenfalls berücksichtig wird, ob der Markenauftritt besondere Angebote und Services für den Kunden bereithält. Dabei werden folgende Bereich in der Analyse erfasst.

  • Gibt es einen direkten Point of Sale (Online-Shop)?
  • Ist das gesamte Sortiment oder nur Teile davon direkt verfügbar?
  • Ist eine Händlersuche vorhanden?
  • Findet der Kunde alle relevanten Produktdetails?
  • Werden Vergünstigungen / Gutscheine angeboten?
  • Gibt es spezielle Angebote wie Abos, personalisierte Produkte, Bundels oder Online-Only-Angebote?
  • Werden besondere Services wie Vorbestellungen oder Versicherungen angeboten?

Erste branchenübergreifende Ergebnisse

Die Ergebnisse im Feld POINT OF SALE liegen sehr weit auseinander – von zu 100% erfüllt bis hin zu 10%. Die Fragestellung ist hier im Wesentlichen, wie gut ist die Marke aufgestellt, wenn es darum geht, einen (potenziellen) Kunden zum Point of Sale zu bewegen. Hat sich ein Unternehmen bereits strategisch für einen echten direct-to-consumer Ansatz entschieden, sind die Voraussetzungen in der Regel auch bereits zu 100% erfüllt. Doch auch Marken, die überwiegend oder ausschließlich über den Handel vertreiben, haben hier Möglichkeiten zu Punkten, etwa über eine erstklassige Händlersuche oder eine direkte Verlinkung zu Online-Kaufoptionen sowie umfassende Produktinformationen oder Kaufhilfen.

Im Feld PASSIVE CUSTOMER EXPERIENCE  bietet eine sehr große Anzahl der Unternehmen (rund 80%) ein sehr gutes Erlebnis. Gemeint sind die Erlebnisse, die Kunden auf dem Onlineauftritt durch seitens der Marke bereitgestellte redaktionelle Inhalte, Services und Angebote erfahren. Hierbei fiel zunächst auf, dass der Ansatz, Kunden über den eigenen digitalen Kanal Vorteile wie Punkte-Konto, Bonus oder Club-Angebote zu bieten, bislang kaum verfolgt wird. Weniger als 15% der Unternehmen sind hier heute schon aktiv.

Im Segment AKTIVE CUSTOMER EXPERIENCE  haben wir einige wenige Unternehmen in unserer Analyse gehabt, die ihren Kunden bereits umfassend die Möglichkeit geben, das Erlebnis rund um die Produkte und Marken aktiv mitzugestalten, sich mit der Marke und anderen Kunden auszutauschen oder aktiv Beiträge zu verfassen. Immerhin 63% der untersuchten Marken bieten zumindest die Möglichkeit eines direkten Feedback-Kanals (Chat, Umfragen…) oder die Option der Produktbewertung oder des Sharings von Informationen und Produkten. Von Usern generierte Erfahrungsberichte, Produkttests, Fragen und Antworten bilden noch die Ausnahme, denn lediglich 7% der untersuchten Marken nutzen heute bereits diese wertvolle Interaktion.

Mit dem Hintergrund des Praxisleitfadens Customer Centricity haben wir auch einen genaueren blick auf das Thema KUNDENDATEN geworfen. Hier war die DSGVO und die daraus resultierende Übersicht für den Kunden, welche Daten zu welchen Zwecken erhoben werden, sehr hilfreich. Von außen, also aus Kundensicht erheben fasst alle (94%) der Unternehmen zumindest Stammdaten mit den zugehörigen Opt-Ins. Bieten sie einen direkte Kaufoption, werden natürlich entsprechende Transaktionsdaten erhoben. Doch auch Unternehmen ohne eigenen digitalen POS erfahren bereits einiges über das Kaufverhalten, etwa über die Möglichkeit, gekaufte Produkte zu registrieren. Aktuell generieren nur 18% über Interaktionen und einem persönlichen Kundenprofil auch Daten über deren Meinungen, Wünsche (über eine Wunschliste, bzw. den Merkzettel hinaus) und Bedürfnisse. Dies ist aber eine der strategischen Grundlagen für eine personalisierte Kommunikation. Schade, denn gerade hier läge ein enormes Potential sowohl die Customer Centricity als auch die Customer Experience auf ein neues Niveau zu heben. Je mehr eigene Kundendaten Unternehmen vom Kunden direkt und personalisiert erhalten, je besser kann das Angebot für den Kunden werden und je besser kann das Unternehmen Angebote und Customer Experience auf den Kunden ausrichten, was folglich zu einer verbesserten Customer Centricity führt. Wie gesagt, die Basis Daten werden bereits von den meisten Unternehmen erfasst (wie sie auch verwertet werden, können wir nicht von außen sehen) aber die Daten, die am besten den Bedarf des Kunden zeigen, werden heute noch vernachlässigt.

Einigen Unternehmen durften wir bereits ihre individuellen Ergebnisse aus diesem Projekt vorstellen und es ergaben sich zum Teil sehr spannende Diskussionen mit einigen Aha-Momenten. Wir bieten gerne an, den CX-Score für noch nicht analysierte Marken zu ermitteln.


Unser Partner

Für die Publikation unseres Scores und zur Weiterentwicklung der Methodik arbeiten wir mit folgenden Partner zusammen:

Voycer Digital GmbH

iBusiness

Institut für Marketing der LMU München